#14 Ab ins Meer!

#14 Ab ins Meer!

Wir beginnen diesen Blogbeitrag und unseren Weg nach Nusa Penida unter Deck des Speedboats, alle Sitze sind belegt, die hohen Wellen lassen das Boot immer wieder hart aufs Wasser klatschen und von der Backbordseite schwappt regelmäßig eimerweise Wasser zur offenen Tür herein und sorgt für eine ungebetene Dusche. Wir bekommen an unseren Plätzen, Glück gehabt, nur die Gischt ab und erreichen etwas durchgerüttelt schließlich den Pier in Toya Pakeh, dem größten Dorf der Insel. Dort werden wir erst einmal von sehr aufdringlichen Taxifahrern umzingelt, einer läuft uns bestimmt hundert Meter hinterher, bis wir dann ein Stück hinter dem ganzen Trubel einen gerade Pause machenden Fahrer finden, mit dem wir einen Preis für die Fahrt zu unserem Guesthouse ausmachen. Er startet bei 250k iR, wir gehen auf 200k, was er sofort annimmt, Preise aushandeln müssen wir noch etwas üben…
 
Das Guesthouse, in dem Olivia und Till bei ihrer Reise auch schon waren, ist eine kleine Hütte mit einem Schlafzimmer und der für Indonesien typischen Kombination aus Klo, Waschbecken und einer Dusche, die keine separate Duschwanne hat, sondern über einen einfach irgendwo im Bad gelegenen Abfluss abläuft. Wir stellen unser Gepäck ab, genießen eine Weile die kühle Luft der Klimaanlage und packen dann unseren Rucksack mit Strandtüchern, Taucherbrillen und Schnorcheln. Es wird Zeit, die Unterwasserwelt Indonesiens zu entdecken! Zu Fuß erreichen wir die Crystal Bay, eine Bucht, die sich, von den starken Strömungen rund um Nusa Penida  geschützt, ausgezeichnet zum Schnorcheln eignet. Die Straße bis ans Meer ist eng und steil, ein schweißtreibender Marsch, den alle außer uns aus gutem Grund lieber auf zwei Rädern bewältigen. Dafür haben wir Zeit, die schon ganz schön urwaldig wirkende Flora zu bewundern. Bevor wir am Strand ankommen, geht es an Bananenstauden vorbei und zwischen riesigen Palmen hindurch, unter deren Blätterdach kleine, schmal gebaute Hühner, Schweine und Rinder gehalten werden.
 
Der Strand selbst ist auf den ersten Blick relativ voll, es gibt einen Stand, an dem Kokosnüsse und gebratene Maiskolben verkauft und Strandliegen vermietet werden, aber etwas abseits ist es ruhiger und einmal im Wasser bekommt man kaum etwas von den anderen Strandbesucher*innen mit. Also: Taucherbrille auf, Schnorchel an und rein in die Wellen! Der erste Blick ist etwas überraschend, denn der in der Brandung aufgewirbelte Sand verschleiert die Sicht, aber sobald wir in etwas tieferem Wasser sind, klart es auf und langsam zeigen sich uns die ersten Korallen und Fische.
 
Wir müssen nicht lange suchen. In alle Richtungen schwimmen Fische davon, wie kleine Unterwasserberge ragen über die Bucht verteilt Korallenfelsen aus dem Sand auf, in deren Nähe es von noch mehr Fischen wimmelt. Die Vielfalt an Fischen aller möglicher Farben, Mustern, Formen und Größen ist faszinierend. Vom riesigen Titan-Triggerfisch bis zu winzigen, leuchtend blau-gelben Fischen, von den langgestrecken Chinese Trumpetfish, die es in bunt gefärbt und in gelb gibt bis zu den kastenförmigen Kofferfischen wie dem spotted Boxfish, bei dem die Weibchen schwarz mit vielen kleinen weißen Punkten gefärbt sind und die Männchen ein blau-schwarzes Muster mit gelben und weißen Punkten und Streifen haben. Andauernd entdecken wir, auch bei jedem weiteren Tauchgang, für uns neue Fische. Wir folgen den Korallenbergen, bis wir auf der linken Buchtseite ein weitläufiges Plateau erreichen, das sich aus dem Sand hebt und über und über mit Korallen bedeckt ist. Zwischen den Korallenästen und in den zahlreichen Löchern und Höhlen versteckt sich hier so viel, dass es vermutlich nicht langweilig werden würde, einfach an einem Fleck zu bleiben und zu beobachten… Wir gehen aber weiter auf Erkundungstour und auf einmal taucht vor uns durchs Wasser gleitend eine große grüne Meeresschildkröte auf. Wir schwimmen zu ihr, was sie überhaupt nicht zu stören scheint. Sie gleitet weiter sanft durchs Wasser, nagt am Meeresgrund an überwachsenen Steinen herum und taucht alle paar Minuten kurz auf, um ihren Kopf aus den Wellen zu strecken und Luft zu holen, bevor es dann wieder in die Tiefe geht. Wir bleiben sehr lange in der Nähe der Schildkröte und sind im Glück, sie so lange beobachten zu können.
 
Durch das warme Wasser können wir sehr lange im Wasser bleiben und so verbringen wir mit kurzer Verschnaufpause drei bis vier Stunden mit Schnorcheln. Wir sind gerade am Aufbrechen, als erst aus der Ferne, dann immer näher der Klang von Trommeln zu hören ist, bis schließlich am Strand ein circa 35-köpfiger Prozessionszug auftaucht. Am Ende des Strandes bleibt die Gruppe stehen, es werden ein paar Sachen auf Balinesisch oder Indonesisch gesprochen und dann werden geflochtene Körbe mit Opfergaben ins Meer gelegt, wo sie sich in der Brandung auflösen. Als zwei Hühner nach vorne getragen werden, befürchten wir das schlimmste für sie, aber tatsächlich werden die beiden nur mit Schwung ins Meer geworfen und dann relativ rabiat wieder eingefangen. Nachdem die Prozession den Strand wieder verlassen hat, machen auch wir uns auf den Heimweg, die viele Sonne und das Schnorcheln fordern ihren Tribut und wir schlafen tief und fest.
Doch dann, morgens um genau 6:09 Uhr, werden wir unsanft und plötzlich aus dem Tiefschlaf gerissen. Unser Bett wackelt. Aber nicht nur das, sondern unsere ganze Hütte wird seitlich hin und her gerüttelt. Wir brauchen einen langen Augenblick, bis wir verstehen, dass wir gerade sehr deutlich ein Erdbeben spüren! Nach zehn bis fünfzehn langen Sekunden ist alles vorbei, aber wir sind sehr aufgeregt und suchen erst mal, ob wir online schon etwas dazu finden. Tatsächlich erscheinen nach wenigen Minuten die ersten Berichte, später stellt sich heraus, dass das Erdbeben der Stärke 5,1 nur 90km vor Nusa Penida im Meer sein Epizentrum hatte.
 
Nach einem solchen schreckhaften Start in den Tag müssen wir uns erst mal mit einem guten ungesunden Frühstück stärken, es gibt Pancakes und Pisang Goreng, frittierte Banane, köstlich (ganz seltsam ist aber die anscheinend beliebte Kombi Pisang Goreng, Reibekäse und Schokosoße).
 
Wir gehen ein zweites Mal in der Crystal Bay Schnorcheln und sehen ganze zehn (!) Schildkröten. Eine trägt sogar einen kleinen Passagier mit sich herum, vermutlich einen Remora, ein ungewöhnlicher Fisch, der eine spezielle Saugplatte am Kopf hat, um sich an Schildkröten und andere große Meeresbewohner anzuhaften. Überhaupt fasziniert uns die Fischwelt auch heute wieder, wir sehen aber nicht nur Fische, sondern unter anderem Snowflake-Morays und Zebra-Morays, Muränen, die zwischen den Steinen umherschlängeln und sich – einmal bemerkt – wahlweise panisch zu verstecken versuchen oder bedrohlich ihr kleines Maul aufreißen… Gut, dass sie noch nicht größer sind.
 
Unser Programm weißt auch an unserem dritten Tag keine großen Änderungen auf, wir genießen es, ohne Erdbeben-Wecker ausschlafen zu können und gehen erst mittags an den Strand. Heute wagen wir uns noch ein bisschen weiter raus und sind ewig auf Schnorcheltour. Das ungewöhnlichste, das wir dabei sehen, ist ein riesiger, tot auf dem Rücken im Wasser treibender Water Monitor, eine in Indonesien heimische, eigentlich an Land lebende Echse. Abends beginnen wir damit, die vielen Fische aus den GoPro-Aufnahmen zu bestimmen, wodurch uns erst richtig bewusst wird, wie viele verschiedene Fischarten wir bereits gesehen und gefilmt haben. 
An unserem vierten Tag auf Nusa Penida steht zur Abwechslung kein Schnorcheln auf dem Plan… Aber unter Wasser geht es trotzdem, sogar richtig lang und tief, wir gehen nämlich tauchen! Wir starten morgens von der Tauchbasis, die auf unserer Strecke zur Crystal Bay liegt. Uns wird empfohlen, Anti-Sea-Sickness Pillen für die Bootsfahrt später zu nehmen, aber die Fahrt bis zum Boot auf der Ladefläche eines Transporters, auf den wackelige Sitzbänke geschweißt sind, stellt sich als deutlich seekrankheitserregender heraus als jede Bootsfahrt. Mit einem Boot geht es zum ersten Tauchspot, “Karang Sari”, im Norden der Insel. Wir haben Glück und Guillaume, unser Guide, macht den Tauchgang nur mit uns beiden, wir sind also bestens betreut. Der Tauchgang startet – Premiere für Annika – mit einer Rückwärtsrolle vom Boot, danach geht es ziemlich entspannt an einem schräg abfallenden Riff entlang, bei dem ein riesiger Napoleonfisch unseren Weg kreuzt. In der Pause vor dem zweiten Tauchgang gibt es ein in ein Palmblatt eingeschlagenes, ausgezeichnetes Mittagessen, bevor wir uns bereit für die zweite Runde machen. Dieses Mal steht ein Strömungstauchgang an, spannend für uns, weil wir beide noch keinen gemacht haben. Tatsächlich ist es etwas herausfordernd, sich in der Strömung nicht zu sehr in die eine oder andere Richtung treiben zu lassen, sondern gleichmäßig als Gruppe entlang der Riffwand zu treiben, aber wir schaffen es und sehen dabei sogar noch ein paar interessante Tiere, zum Beispiel einen Leaffish, der sich, wie ein Blatt unter Wasser, hin und her kippen lässt, wodurch er hervorragend getarnt ist. Zurück an der Oberfläche treiben wir erst einmal eine Weile umher, unser Boot, das uns wieder einsammeln soll, ist nirgends zu sehen und reagiert auch nicht auf den Funkspruch, den ein anderes, vorbeikommendes Boot sendet. Also warten wir und dümpeln weiter in den Wellen auf und ab, bis uns unser Boot dann doch endlich findet und zurück zum Hafen fährt. 
 
Am Abend bekommen wir dann noch einen Roller geliefert, mit dem wir uns auf die Fahrt zum Hafen machen. Ohne zuvor schon mal Roller gefahren zu sein, ist das eine ganz schöne Herausforderung, aber eigentlich ist Nusa Penida kein schlechter Ort zum Lernen. Die Straßen sind zwar eng und haben ab und zu riesige Schlaglöcher, aber dafür sind die anderen Fahrer*innen es gewohnt, genau darauf zu achten, was um sie herum so passiert und im Zweifelsfall schnell zu reagieren. Wir kommen zwar sehr aufgeregt, aber ohne Probleme beim Hafen an, wo wir Geld abheben (2 Millionen!) und Snacks und Früchte kaufen. 
Am nächsten Tag steht – jetzt, da wir einen Roller haben – Insel erkunden auf dem Plan. Es geht auch sehr gut los, das Rollerfahren macht Spaß, aber in einer eigentlich komplett problemlosen Situation, als Fabian den Roller kurz alleine auf der Straße wenden will, gibt er zu viel Gas und Roller und Fabian kippen gemeinsam um… Mist! Zu unserem großen Glück ist außer Kratzern – an Fabian und am Roller – nichts passiert. Wir sind sehr froh, dass wir einen Roller mit Versicherung genommen haben, aber trotzdem sind wir (vor allem Fabian) ziemlich frustriert von dem Missgeschick. 
 
Wir beschließen, trotz dessen unsere Erkundungstour fortzusetzen und gewöhnen uns auch langsam wieder an den Roller, der uns schließlich ohne weitere Zwischenfälle zum Manta Point bringt, ein Aussichtspunkt auf einer hohen, steilen Klippe, von der aus man Mantarochen tief unter einem erspähen kann. Eine wirklich große Hilfe dabei ist ein Local, der dort mit seiner Frau einen kleinen Getränkestand betreibt und verdammt gut darin ist, die vorbeiziehenden Mantas zu spotten. Annika sieht schnell auch einen, aber bis Fabian den ersten entdeckt hat, tropft uns vom lange in der prallen Sonne Stehen schon der Schweiß von der Stirn. 
 
Der Manta-Spotter gibt uns noch ein paar Tipps, was wir in dieser Ecke der Insel machen können, dann trinken wir noch eine eiskalte Cola und fahren zu einem Tempel in der Nähe. Die ganze Anlage dort ist spannend, wir müssen (mit umgebundenen Sarong, weil es ein Tempel ist) vom Rand einer Klippe aus über steile Metalltreppen hinunter klettern, bis wir knapp über Meereshöhe sind. Dort verteilt sich eine kleine Tempelanlage rund um mehrere Wasserbecken, die sich aus Quellen aus dem Berg speisen und für die Wasserversorgung genutzt werden. Ganz am Ende der Anlage befinden sich, am Fuß eines großen Felsüberhangs, zwei kleine Becken, in denen wir baden dürfen. Das Wasser ist kalt, eine willkommene Abkühlung mit wunderschönem Ausblick auf die wenige Meter unter uns brechenden Wellen. Zusätzlich werden wir von tierischen Bewohnern unterhalten: Auf den Sinterterassen vor uns staksen Brandungsfelsenkrabben (passender Name) umher und im Becken werden unsere Füße von kleinen Fische angeknabbert. Bei der anstrengenden Kletterei danach entdecken wir dann noch einen Mantarochen, der lange seine Kreise nicht weit unter uns zieht. 
 
Auch am nächsten Tag wollen wir nochmal zum Manta Point, dieses Mal aber nicht auf die Klippe, sondern ins Meer darunter. Deshalb fahren wir mit der Tauchschule zur Crystal Bay, wo wir auf ein Boot klettern und zur Insel in der Mitte der Bucht fahren, von wo aus unser erster Tauchgang heute startet. Obwohl wir hier schon so oft geschnorchelt sind, sehen wir viele neue Tiere: Ein Schwarm Barrakudas und ein richtig großer in der Ferne, im Sand eingegrabene Sepien, eine wunderschöne Mantis Shrimp und ein so gut getarnter Oktopus, dass wir eine ganze Weile brauchen, bis wir erkennen, worauf unser Guide Simon zeigt. 
 
Als wir die Crystal Bay mit dem Boot verlassen, zeigt unser Skipper auf einmal auf etwas: Delfine! Wir sehen, wie sie an unserem Boot vorbei in die Crystal Bay schwimmen. 
 
Anschließend geht es zum Hauptziel des heutigen Tauchtripps, dem Manta Point. Die Besonderheit dieses Ortes ist, dass dort mehrere “cleaner station” genannte Felsbrocken zu finden sind, auf denen verschiedene Fische, vor allem die Cleaner Wrasse, auf größere Tiere, wie zum Beispiel die Rochen, warten, um Parasiten von ihnen anzunagen, ein System, von dem die Putzer und die Geputzten gleichermaßen profitieren. Eine dieser “cleaner stations” liegt im relativ flachen Wasser, weshalb wir dorthin tauchen können. Außer uns wimmelt es hier von anderen Taucher*innen und Schnorchelnden, aber wir bleiben nicht die ganze Zeit bei der cleaner station, sondern machen ein paar Abstecher im weiteren Umkreis, weshalb die vielen Anderen uns nicht stören. Wir sind noch gar nicht lange abgetaucht, da sehen wir schon den ersten Mantarochen in 10-15 Metern vorbeiziehen. Sie sind riesig! Wir haben sehr viel Glück, denn als wir einen kleinen Abstecher machen, kommt auf einmal ein Manta in unsere Richtung geschwommen. Mit großen, anmutigen Flügelschlägen schwebt er auf uns zu, wir bewegen uns nicht und der riesige Mantarochen gleitet mit vielleicht einem Meter Abstand über unsere Köpfe hinweg. Unglaublich beeindruckende Tiere. Wir sehen insgesamt zehn Tiere, davon sind zwei schwanger, was man an einer Wölbung von Bauch und Rücken sehen kann.
 
Nach diesem tierreichen Tag kommen wir komplett erledigt zurück in unser Guesthouse, genießen eine kalte Dusche, müssen ein bisschen Orgasach machen und bestimmen dann noch ein paar der vielen heute neu gesehenen Fische.
Am nächsten Morgen bricht unser letzter voller Tag auf Nusa Penida an, wir gehen, wie die ersten drei Tage hier, Schnorcheln in der Crystal Bay, was wir noch einmal sehr genießen. Wir bleiben bis zum Sonnenuntergang und werden von süßen Streuner-Welpen unterhalten. 
 
Am Abend machen wir dann noch ein Nusa-Penida-Abschiedsessen, bei dem wir das bestellen, was uns hier am besten geschmeckt hat: Frühlingsrollen, frittierter Blumenkohl, Tom Ka Gie, Pad Ka Phao Gie und dazu Papaya-Saft. Gestärkt von so vielen leckeren Sachen, bekommen wir unser Chaos auf wundersame Weise wieder in unsere Rucksäcke gepackt und sind bereit für unsere Weiterreise morgen früh: Es geht nach Gili Air!