#11 Zielwerfen und Frühaufstehen

#11 Zielwerfen und Frühaufstehen

Nach der ganzen Anstrengung der letzten Tage genießen wir es, einen entspannten Tag zu haben. Wir fahren nach Te Anau, schlendern die wenigen Läden entlang und entdecken einen hervorragenden Pie-Laden, der köstliche vegetarische Pies mit indisch angehauchter Füllung verkauft.
 
Auf dem Weg zurück nach Manapouri machen wir dann noch “kurz” Halt in einem Bird Park, einer der wenigen Orte in Neuseeland und weltweit, wo Takahē zu sehen sind. Die Vögel sind riesig, flzgunfähig – können dafür aber sehr schnell rennen – und so selten, dass sie für über 50 Jahre als ausgestorben galten, bis sie 1948 wiederentdeckt wurden. Zeitweise gab es nur noch um die hundert Exemplare, aber durch ein extrem aufwendiges Zucht- und Schutzprogramm gibt es mittlerweile mehrere wachsende Populationen. Wir können aber nicht nur die Takahē beobachten, sondern einen ganzen Haufen anderer Vögel, die im Bird Park frei herum fliegen, vor allem Silver Eyes und Starlinge, wodurch aus unserem “kurzen Besuch” letztendlich drei Stunden wurden.
In der Nacht erwarten uns dann Regen und Sturm, aber unser Zelt hält stand und so können wir am nächsten Morgen eine kurze Regenpause nutzen, um schnell unser Zelt zusammen zu packen und uns, begleitet von einem doppelten Regenbogen, auf nach Queenstown zu machen. Dort angekommen parken wir unser Auto etwas außerhalb der Stadt, um dann mit dem Bus ins Zentrum zu fahren. Wir starten motiviert, aber irgendwie hat Queenstown für uns nicht so richtig was zu bieten… Es gibt eine Menge Touri-Souvenirshops, die aber alle nur das gleiche verkaufen und ansonsten sehr wenig zu entdecken. Unser Besuch endet schließlich mit einem mittelmäßig motivierten Spaziergang durch den Stadtpark, bevor wir wieder zurück zum Auto und zum Campingplatz fahren. Warum uns Queenstown so empfohlen wurde, können wir nicht ganz nachvollziehen, irgendwie scheinen wir nicht die richtigen Ecken entdeckt zu haben…
 
Am nächsten Morgen geben wir Queenstown nochmal eine kleine zweite Chance. Gestern haben wir nämlich überdurchschnittlich viele Leute mit Frisbee-Scheiben durch den Stadtpark ziehen sehen und den Grund dafür rausgefunden: Frisbee-Golf! Das Konzept ist simpel, 18 Bahnen, bestehend aus einer Abwurfzone und einem “Korb” aus Metallketten, in dem die Frisbee mit möglichst wenig Würfen landen muss. Wir leihen uns also jeweils eine Frisbee-Scheibe, aber sind am ersten Korb erst mal ein bisschen eingeschüchtert von den drei Männern vor uns, die alle ihre Tasche mit einem Set verschiedener Frisbees geschultert haben. Davon lassen wir uns aber nicht entmutigen und machen unsere ersten Würfe… Viel zu kurz! Aber wir werden besser und zumindest kommen wir mit wenigen Würfen dem Korb schon relativ nahe, nur die Richtung, die die Frisbee einschlägt, ist manchmal sehr überraschend, die vielen Bäume sind dabei auch nicht immer eine Hilfe. Die Bahnen bieten uns auf dem Weg durch den Stadtpark einiges an verschiedenen Herausforderungen: die kürzeste ist 50m lang, die längste 160 Meter, mal muss die Frisbee einen Baum auf der linken Seite umfliegen, ein anderes mal ist das Ziel von der Abwurfstelle nicht zu sehen und wir müssen blind werfen. Wir steigern uns Bahn für Bahn und schaffen einige sogar in drei oder vier Würfen, aber gegen Ende bricht unsere Lernkurve komplett in sich zusammen und wir sammeln sehr fleißig Wurf um Wurf. Spaß macht es trotzdem und so verlassen wir Queenstown etwas versöhnlicher und fahren mittags nach Wānaka.
Dort checken wir erst mal bei unserem Campingplatz ein, der etwas außerhalb mitten in der Natur gelegen ist und machen am Abend noch einen Ausflug nach Wānaka, das uns, als wir die Uferpromenade des Lake Wānaka entlang schlendern, gleich sehr gut gefällt. 
 
Die Nacht wird für uns mal wieder kurz. Richtig kurz sogar! Denn wir starten um 4:30 Uhr morgens in Richtung Lake Wānaka, um noch vor Sonnenaufgang die Wanderung auf den Roy’s Peak in Angriff zu nehmen. Warum? Zum einen soll der Sonnenaufgang vom Berg aus sehr schön zu beobachten sein, zum anderen – und das ist unsere Hauptmotivation, früh aufzustehen – hoffen wir, dadurch dem Ansturm an Wandernden zu entgehen, Roy’s Peak ist nämlich ein sehr bekannter, beliebter und belebter Gipfel… Aber als der Parkplatz vor uns auftaucht, wird uns klar, dass nicht nur wir auf diese Idee gekommen sind. Kaum zu glauben, dass ein Wanderparkplatz um 5 Uhr morgens so voll sein kann! Unser kurzer Unmut darüber verläuft sich aber mit den vielen Schritten bergauf, da die anderen Frühaufsteher*innen eigentlich kaum stören. Wir kommen, durch die Dunkelheit der Gelegenheit für Fotostopps beraubt, superschnell voran und erreichen tatsächlich den Gipfel Minuten bevor die Sonne aufgeht. 
 
Rund um den Gipfel liegt noch Schnee und so ist es nicht überraschend, dass die aufgehende Sonne dem eiskalten Wind, der über den Berggrat pfeift, nicht viel entgegenzusetzen hat, was uns schnell vom Gipfel in den Windschatten flüchten lässt. Der Rückweg ins Tal gestaltet sich dann als unterbrechungsreicher als der nächtliche Aufstieg, denn jetzt bietet das Sonnenlicht Gelegenheit für ein Insta-Fotoshoot für Annika (nur um Fabian zu ärgern), die Suche nach einem Geocache, den andauernden Versuch, Vögel zu fotografieren und für die Hirten, eine Rinderherde ins Tal zu treiben.
 
Wir sind trotz der vielen Ablenkungen auf dem Abstieg zum Lake Wānaka schon mittags wieder zurück im Städtchen und machen dort erst mal einen Abstecher zu einer absurden Sehenswürdigkeit, die als #thatwanakatree internet famous ist. Es handelt sich um einen kleinen Baum im See. Ein kleiner, halbtoter Baum, that’s it. Er gibt tatsächlich ein ganz malerisches Fotomotiv ab, aber das Absurde an dem Baum ist, dass wir nicht alleine dort sind, sondern – ohne zu übertreiben – drei komplette Reisebusladungen Touristen an einer Stelle am Strand stehen, um alle genau das gleiche Bild zu machen. Wir sind fasziniert von dem Treiben, aber beobachten das ganze dann lieber aus der Distanz, von dem genauso hübschen Steinstrand hundert Meter weiter, wo wir fast alleine sind und kaufen uns einen Pie und Kaffee. 
 
Am nächsten Morgen müssen wir nicht ganz so früh raus, aber trödeln ist trotzdem nicht angesagt, denn heute ist schon wieder Abreisetag und nach einer morgendlichen Runde Frisbee (wir müssen jetzt ja für Frisbee-Golf üben) geht es endlich über die Southern Alps an die Westküste der Südinsel.